Koexistenz auf dem Trail

Was Wanderer und Biker im Kanton St.Gallen wirklich wissen sollten

Drei Begegnungen. Drei Mal Frust.

Letzte Woche bin ich gleich mehrfach auf Unverständnis gestossen – nicht etwa, weil ich mich danebenbenommen hätte, sondern einfach, weil ich als Mountainbiker auf Wegen unterwegs war. Es waren klassierte Strecken, ganz legal, mit Rücksicht und Weitblick gefahren – und trotzdem wurde ich beschimpft. Und genau deshalb dieser Beitrag.

Denn inmitten von Vorwürfen, Missverständnissen und Konflikten ist es Zeit für Klarheit: Was ist erlaubt? Was verboten? Und wie gelingt eine faire, respektvolle Koexistenz im Wald? Der Kanton St.Gallen hat dazu bereits eine klare Strategie – wir müssen sie nur kennen, verstehen und mittragen.

Was sagt das Gesetz?

Im Kanton St.Gallen ist das Befahren von Waldwegen und Wanderwegen mit dem Mountainbike grundsätzlich erlaubt – allerdings nicht überall. Entscheidend ist, ob ein Weg klassiert ist. Klassierte Wege sind im offiziellen Gemeindestrassenplan verzeichnet. Auf diesen Wegen ist das Radfahren legal – sofern kein Fahrverbot signalisiert ist.

Nicht erlaubt ist hingegen das Befahren von nicht klassierten Wegen. Darunter fallen viele schmale Trails, Trampelpfade oder sogenannte „wilde Wege“ quer durch den Wald. Auch private Wege dürfen nur befahren werden, wenn sie breiter als zwei Meter sind oder ausdrücklich freigegeben wurden.

Die rechtlichen Grundlagen dafür finden sich im Waldgesetz des Kantons St.Gallen (sGS 651.1)
👉 https://www.gesetzessammlung.sg.ch/app/de/texts_of_law/651.1

… sowie in der zugehörigen Verordnung (sGS 651.11)
👉 https://www.gesetzessammlung.sg.ch/app/de/texts_of_law/651.11

… und im Strassengesetz des Kantons St.Gallen (sGS 732.1)
👉 https://www.gesetzessammlung.sg.ch/app/de/texts_of_law/732.1

Wer sich also legal bewegen will, sollte genau hinschauen – und dabei hilft das Geoportal des Kantons:
👉 https://www.geoportal.ch
Dort kann jeder nachsehen, ob ein bestimmter Weg klassiert ist.

Wanderweg ist nicht gleich Sperrzone

Viele Wanderwege sind gleichzeitig auch klassierte Gemeindestrassen oder Forstwege. Das heisst: Sie dürfen mit dem Mountainbike befahren werden – solange keine Signalisation etwas anderes sagt. Entscheidend ist aber: Wandernde haben stets Vorrang.

Das Koexistenzprinzip gilt dabei nicht nur rechtlich, sondern auch menschlich. Rücksicht, Tempoanpassung und ein freundlicher Gruss entschärfen viele Situationen, bevor sie entstehen. Der Kanton setzt bewusst nicht auf Verbote, sondern auf gegenseitiges Verständnis – was nur funktioniert, wenn sich beide Seiten mit Respekt begegnen.

Warum diese Regeln Sinn machen

Dass schmale, nicht klassierte Trails gesperrt sind, hat gute Gründe:

  1. Sicherheit: Schmale Wege bieten kaum Platz für ein gefahrloses Kreuzen. Laut bfu-Richtlinien braucht es mindestens zwei Meter Breite, um einander sicher ausweichen zu können.
  2. Naturschutz: Wilde Trails führen zu Bodenerosion, beschädigen Vegetation und stören empfindliche Tiere wie das Auerhuhn oder Rehwild – gerade in Brut- oder Setzzeiten.
  3. Waldökologie: Jeder illegale Pfad zerstört Strukturen im Waldboden, verdichtet den Untergrund und beeinträchtigt die natürliche Regeneration.
  4. Soziale Akzeptanz: Konflikte zwischen Bikern, Jägern, Förstern oder Spaziergängern entstehen oft durch fehlende Rücksicht oder Unwissen. Eine klare Route, die von allen respektiert wird, hilft allen.

Wer dennoch gegen diese Regeln verstösst, riskiert Bussen oder weitergehende rechtliche Konsequenzen. Kontrollen durch Forstdienste, Wildhüter oder Gemeinden finden regelmässig statt.

Die Mountainbike-Strategie des Kantons St.Gallen

Im Juni 2024 hat der Kanton St.Gallen eine umfassende Mountainbike-Strategie verabschiedet. Diese basiert auf einem zukunftsgerichteten Ansatz: Nicht der Ausschluss des Mountainbikens ist das Ziel – sondern die gezielte Lenkung, Koordination mit Gemeinden und der Aufbau eines attraktiven Routennetzes.

Drei Prinzipien stehen im Zentrum:

  • Gesundheit & Bewegung: Biken fördert Fitness, Wohlbefinden und ist niederschwellig zugänglich.
  • Koexistenz mit Fussverkehr: Wandernde haben Vorrang, aber Biker gehören dazu.
  • Naturverträglichkeit & Regionalentwicklung: Neue Routen nur dort, wo sie ökologisch und sozial verträglich sind.

Die vollständige Strategie ist hier einsehbar:
👉 PDF – Mountainbike-Strategie SG 2024

Routenplanung – was funktioniert in der Praxis?

Viele Biker nutzen Garmin, Komoot oder andere Apps zur Planung. Diese Tools sind hilfreich – ersetzen aber nicht die offizielle Prüfung der Wegeklassierung.

Denn: Auch auf Garmin oder Komoot sind Wege sichtbar, die nicht legal befahren werden dürfen.

Ein sinnvoller Planungsworkflow sieht so aus:

  1. Routenidee mit SchweizMobil planen:
    https://www.schweizmobil.ch bietet topografisch exakte und offizielle Routen inkl. Nutzungsarten (Wandern, Velo, MTB).
  2. Export als GPX und Import in Garmin oder Komoot:
    So kann man die Route auf dem GPS-Gerät oder Smartphone exakt nachfahren.
  3. Stichprobe auf geoportal.ch prüfen:
    Gerade bei weniger bekannten Wegen lohnt sich der Abgleich mit dem Gemeindestrassenplan auf
    👉 https://www.geoportal.ch

Diese Kombination bietet Planungssicherheit und schützt vor unerwünschten Konflikten oder Bussen.

Was wir als Community tun können

Koexistenz ist kein Zustand – sondern eine Haltung. Als Biker:innen wissen wir, wie wichtig legale, gepflegte und durchdacht geführte Wege sind. Wir kennen die Routen, die Konflikte – und oft auch die Lösungen. Darum unser Appell:

👉 Wir wollen mithelfen.

  • Bei der Bedarfserhebung in Gemeinden
  • Bei der Kommunikation mit Wandervereinen, Forstämtern, Jagd oder Politik
  • Bei der Pflege von Wegen
  • Oder schlicht durch ein faires, offenes Miteinander auf dem Trail

Denn Mountainbiken ist mehr als Sport. Es ist Bewegung, Freiheit, Gemeinschaft. Und genau das wollen wir bewahren – durch Engagement, Transparenz und respektvolles Verhalten.

Wer Interesse an konkreter Zusammenarbeit mit Behörden oder der lokalen Bevölkerung hat – sei es bei Pilotprojekten, Ideen oder einfach beim Vernetzen – meldet euch gern bei uns. Wir bringen Know-how, Praxiswissen und Begeisterung mit.

#rideyourway
BEIC & LIFESTYLE – Horn am Bodensee
🚴‍♀️ Für mehr Fairness auf dem Trail. Für eine starke Community. Für ein sportliches Miteinander.